47. Rennsteig Supermarathon, Samstag den 18.05.2019

Distanz: 73.9 km

Höhenmeter: +1874 Hm und -1386 Hm

 

 

Hallo zusammen,

dieser Bericht handelt von meiner ersten Teilnahme am bereits 47. Rennsteig Supermarathon.

 

Der Lauf kann ohne weiteres als Traditionslauf bezeichnet werden und findet zum 47. Mal statt. Er ist ein Rennen von A nach B, also kein Rundkurs. Der Start ist in Eisenach und das Ziel in Schmiedefeld, die Strecke führt durch den Thüringer Wald.

 

Auf Grund dieser Charakteristik war der Lauf aus organisatorischer Sicht für mich nicht ganz einfach. Zuerst muss man sich entscheiden, ob man lieber ein Hotel in der Nähe zum Start oder in der Nähe zum Ziel  haben möchte (ich wählte Ziel). Dann mussten sich mein Dad (er wollte mich begleiten) und ich Gedanken über unsere Anreise machen, ob Bahn oder Auto. Ausserdem wollte ich unbedingt am Tag vorher meine Startnummer abholen, da der Lauf am Samstagmorgen um 6 Uhr starten sollte und ich einfach so wenig Stress wie möglich vor einem Rennen haben wollte. Und dann gab es noch das „Problem“, dass man morgens zum Startbereich kommen muss… In Gedanken spielten wir alles x-mal durch, änderten alles mehrfach und trotzdem blieb irgendwie ein etwas ungutes Gefühl… Wie auch immer, letzten Endes machten wir es so: 

 

Freitag fuhr ich aus der Schweiz mit meinem Auto morgens um 8 Uhr nach Eisenach (Start) und traf dort meinen Vater gg. 13:30 Uhr. Er kam mit der Bahn von Köln aus. Dort parkten wir, schauten uns etwas den Startbereich an und holten meine Startnummer ab. Diese ist nur dort abzuholen und wird nicht verschickt. Samstags zwischen 4 und 6 Uhr hätte man allerdings auch noch die Möglichkeit gehabt. Mein Vater und ich fuhren dann weiter in den Zielbereich und schauten uns dort alles in Ruhe an. Danach fuhren wir dann endlich in unser Hotel, welches noch mal 25 Minuten entfernt war. Ich ging noch eine kurze Runde laufen, um die Beine nach der langen Fahrt etwas zu lockern. Rückblickend lief ich etwas zu schnell und mit 5.1 km auch etwas weit, so ca. 12 Stunden vor dem Start. Wir assen etwas zu Abend, ich bereitete alles für den nächsten Morgen vor und wir gingen gg. 21:30 Uhr ins Bett, auch etwas spät. Nachts um ca. 1:30 Uhr klingelte der Wecker. Ich zog meine Laufsachen an, cremte alles gg. Wundscheuern ein und ging auf WC. Wir fuhren mit dem Auto wieder zum Zielbereich, um dort in die offiziellen Shuttle-Busse zu steigen. Wir fuhren gg. 3:15 Uhr los und kamen recht pünktlich um kurz nach 5 Uhr in Eisenach direkt im Startbereich an. (Jetzt hätte man auch locker die Startnummer holen können, funktionierte wirklich alles reibungslos). Ich suchte die WCs auf und machte anschliessend etwas Stretching. Dann traf ich zufällig und ganz kurz noch Michael Arend (Trainer und Namensgeber) und meinen Trainier Stefan Helbig. Stefan hätte ich fast nicht erkannt, er war krank und hatte eine Daunenjacke mit Kapuze an. Er lief natürlich nicht, war aber die Betreuung von Michael. Wie das so vor so einem Rennen ist, sind alle doch irgendwie etwas angespannt, müssen noch die letzten Vorbereitungen treffen und wollen sich auf sich selbst konzentrieren. So blieb es wirklich bei einem sehr kurzen aber netten Gespräch. Nach einem weiteren Toi-Toi-Stopp ging ich zu meinem Vater zurück, zog die wärmenden Sachen aus und positionierte mich in der Startaufstellung. Ich lief in kurzer Hose und kurzem T-Shirt, hatte aber noch eine zweite enge Schicht drunter. Beim Warten war es natürlich etwas frisch, aber da das Wetter tagsüber sehr gut werden sollte, war ich genau richtig angezogen. 

 

Pünktlich um 6 Uhr fiel der Startschuss. Wir liefen erst ein kurzes Stück durch die Stadt, bevor wir mit der ersten Steigung in den Wald einbogen. Meine Vorgabe war pulsbasiert, ich sollte die ersten 25 km bis Inselberg in den Anstiegen bis max 153 bpm und max. 480 W laufen, in den flachen Abschnitten max. 150 bpm und max. 465 W. In den verbleibenden 50 Kilometern waren die Vorgaben mit 158 bpm bzw. 490 W bergauf und 153 bpm bzw. 470 W etwas höher. Leider liess ich mich verleiten und lief immer wenige Herzschläge über der Vorgabe, fühlte ich mich doch so gut und in dem Moment passte auch alles vom Gefühl, aber hat hinten raus sicher Kraft gekostet. Irgendwann kam ich mit Mitläufern ins Gespräch, und als mir diese von einer angepeilten Zielzeit von 7 ½ Stunden erzählten, wusste ich definitiv, dass ich zu schnell unterwegs war. Mein Chef Erich hatte halb als Spass und aber auch als Test, ob es überhaupt Firmenintern gelesen wird, in meinem Jahresgespräch eine Zielvorgabe unter 9 Stunden für diesen Lauf notiert. Spoiler: Erich wurde von niemanden auf dieses doch ungewöhnliche und nicht arbeitsmässig bezogene Ziel angesprochen… Ich kann zur Strecke bzw. zum Rennen gar nicht so viele Einzelheiten schreiben, da durch die Routenwahl, man läuft permanent durch den Thüringer Wald, mir als Gast nicht sonderlich viel in Erinnerung geblieben ist, da alles recht ähnlich aussieht. Und ich habe in Erinnerung, dass die Fernsicht durch die Bäume sehr eingeschränkt ist, sehr selten gibt es mal grössere Lücken. Nach 25 km kam ein längeres bergab Stück, dieses war recht steil und auch sehr felsig, insgesamt aus meiner Sicht nicht angenehm zu laufen, ging sehr auf die Oberschenkel. Zur Schuhwahl möchte ich noch anmerken, dass ich besser in Strassenlaufschuhen mit etwas mehr Dämpfung gelaufen wäre. Meine Trailschuhe von Salomon waren durch die trockenen Bedingungen nicht gefordert. So gingen die Kilometer vorüber, man hangelt sich von Verpflegungsposten zu Verpflegungsposten, fühlt immer wieder in sich rein, quatscht etwas, bedankt sich bei Zuschauern und Helfern und geniesst die Natur und das Wetter. Ich schätze, dass ich mich ungefähr bis Kilometer 45 oder 50 echt gut gefühlt habe. Einschränkend muss ich erwähnen, dass mein Bauch nicht perfekt war, habe anfangs etwas weniger getrunken und gegessen, da er sich nicht so gut angefühlt hat. Ich hatte irgendwie ein leichtes Völlegefühl. Aber davon abgesehen ging es ziemlich lange sehr gut. Irgendwann ist dann zufällig jemand mit einem auffälligen T-Shirt an mir vorbei gelaufen, auf dem Rücken konnte ich #LebNatEne https://lebnatene.de/ https://www.umzeitzuerleben.de/ lesen. Sofort rief ich „Uwe Anger“ hinter ihm her und tatsächlich war er es. Wir kannten uns seit längerer Zeit von Facebook. Wir liefen ein Stück gemeinsam, unterhielten uns und machten ein gemeinsames Foto. Ich liess ihn ziehen, meine Beine waren mittlerweile recht schwer, bergauf wanderte ich zügig, im flachen und bergab konnte ich noch mit Schmerzen laufen. Irgendwann kam ich mit Martin Michaelis ins Gespräch. Ich weiss gar nicht mehr, ob er mich oder ich ihn eingeholt hatte, aber ab dort blieben wir zusammen. Er ist ein erfahrener Ultra-Läufer, wir unterhielten uns über Training, verschiede vergangene Wettkämpfe, über zukünftige Pläne, über unsere Kinder etc. Die Zeit verging zwar nicht wie im Flug, aber doch war es schön, eine Art Unterstützung zu haben und sich etwas abzulenken. Meiner Meinung nach war er körperlich stärker als ich, aber mental dafür angeschlagener. So entschied er sich, nicht voraus zu laufen. Martin meinte, dass er ohne unsere Gespräche langsamer unterwegs wäre. Ich lief absolut an meiner tolerierbaren Schmerzgrenze, wollte ich doch unbedingt das Ziel von Sub9 schaffen. Ich rechnete immer wieder und quälte mich, nach jeder Steigung wechselte ich wieder in den Laufschritt. Mir kam zugute, dass es die letzten Kilometer tendenziell bergab ging. Machte es zwar gefühlt nicht einfacher oder weniger schmerzvoll, aber dafür kamen wir schneller voran als befürchtet. Auf der Zielgeraden traf ich meinen Vater, der schon seit Stunden dort ausharrte. Nach 8:55:06 überquerten Martin und ich gemeinsam die Ziellinie und klatschten ab.

 

Nachdem wir unsere abgegebenen Kleiderbeutel hatten, ging ich Duschen, holte mein Finisher-Shirt und ging anschliessend mit meinem Vater ins Festzelt. Auf dem Weg ass ich noch die Suppe, die per Bon inkludiert war; sehr lecker. Im Zelt, welches sich rasch füllen sollte, sassen wir zufällig neben einer grösseren Gruppe, mit der wir ins Gespräch kamen. Grüsse an dieser Stelle an Lukas Zimon und an (ich glaube) Patrick Roth. Wir unterhielten uns über das Rennen und tranken einige Bier (ich alkoholfreie, da ich noch Auto fahren musste). Ich holte zwischendurch noch eine Portion Belgische Pommes mit Mayo und eine Currywurst, selten eine so leckere After-Race-Verpflegung gehabt, wenn auch nicht gesund. In der Schlange traf ich zufällig Susi von https://www.runskills.de/ , die auch gelaufen war. Wir unterhielten uns kurz aber nett. Zurück im Zelt assen mein Vater und ich die Pommes. Dabei wurde es immer voller und dann fing eine Band (oder Blaskapelle?) an zu spielen. Auf einmal stiegen alle auf die Tische und sangen das Rennsteiglied https://www.youtube.com/watch?v=7j1TgggZqhU

https://de.wikipedia.org/wiki/Rennsteiglied 

https://www.rennsteig.de/sites/default/files/Wanderwege/Rennsteiglied/Text-Noten-Rennsteiglied.pdf

Auch wenn es eigentlich definitiv nicht mein Musikgeschmack ist, war es schon ein Erlebnis. Übrigens wiederholte sich das Prozedere noch mindestens 4 Mal, bevor mein Vater und ich gg. 20:00 Uhr Richtung Auto gingen und dann zurück ins Hotel fuhren. Am nächsten Tag brachte ich meinen Vater zum Bahnhof und ich trat die Rückreise im Auto an, alles verlief ohne Probleme und ich kam glücklich und müde wieder zu Hause an.

 

Ich muss ganz klar sagen, dass das Rennen ein tolles Erlebnis war. Selten habe ich gesehen, wie die Menschen einer Region so hinter einem Event stehen und alle Helfer und Zuschauer so herzlich bei der Sache sind. Vielleicht kann man es ein Stück weit mit dem Triathlon der Challenge Roth vergleichen. Die Strecke kann zwar von der Aussicht nicht mit den Alpen mithalten, aber das kann man auch nicht erwarten. Die Natur geniesst man aber in jedem Fall, zwischen Single-Trails und einfachen Wegen wird alles geboten. Die Verpflegungen sind häufig und üppig. Ich lief übrigens mit einer Handflasche, hatte also immer 0.5 l am Mann, um kontinuierlicher und insgesamt mehr trinken zu können, da ich an den Posten nicht so viel auf einmal vertrage. 

 

Ich möchte mich an dieser Stelle recht herzlich bei meiner Familie und speziell bei meinem Vater für die Unterstützung vor Ort bedanken. Ausserdem bei meinem Trainer Stefan und dem gesamten Team von Michael Arend Training für den super Trainingsplan. Stefan hatte es definitiv nicht leicht mit mir, da ich durch viele kleinere Krankheiten und Überlastungen sehr unregelmässig trainiert habe. Er musste sich regelmässig die Schlüsseleinheiten zusammen suchen und den Plan mehrmals anpassen. Sein Kommentar zum Rennsteig Supermarathon war folgender: 

 

„Noch einmal an dieser Stelle meinen Glückwunsch, Tom!! Nach dem Minimalprinzip in der Vorbereitung das Ding nach Hause gebracht. Zu Beginn sieht man sehr deutlich, dass du Probleme hast den Rhythmus des Pacing zu finden. Das hat hinten raus eine Menge Körner gekostet, was aber wiederum für dich spricht. Mental eiskalt durchgezogen, sehr gut. Freue mich auf die kommenden Trainingswochen, denn eine sub 40 auf 10 läuft sich ja nicht von allein!!!“ 

 

Somit seht Ihr auch meinen kommenden Focus, ich möchte meine Grundschnelligkeit erhöhen und auf den Distanzen unterhalb Marathon einige PBs angreifen. Natürlich ausgenommen der nächste Event, die SolaDuo. 

 

Ausserdem möchte ich mich noch mal beim Rennveranstalter, allen Helfern und Zuschauern bedanken, und natürlich an Martin und alle anderen getroffenen und kennengelernten Läuferinnen und Läufern. 

 

 

https://www.rennsteiglauf.de/

 

Link zum Bericht von Uwe Anger:

https://photos.google.com/share/AF1QipOOVXY79mPBiIpCspf7bUvMAyGtfb28WVRUx6c70B37Gftja6LUX5JujnnXwoIcUg?key=OEVNbEFQdXRIbENhTndWS21nbVc4ODlsUEJaTUxR

 

 

Startnummer: 781

Overall: 870 / 1882 (46.2 %)

Overall men: 775 / 1521 (51.0 %)

M35: 115 / 174 (66.1 %)

Start: 06:00 Uhr 

 

Offizielle Zeit: 8:55:06 netto, 8:55:29 brutto

Rückstand: 3:42:10 (Gewinner Justus Steffen (GER) 05:12:56)

 

25.7 km:   02:46:09    02:46:09    06:28 min/km    Platz 530    08:46:34 Uhr

37.5 km:   01:20:19    04:06:27    06:59 min/km    Platz 597    10:06:53 Uhr

54.7 km:   02:12:27    06:18:54    07:43 min/km    Platz 663    12:19:19 Uhr

65.0 km:   01:30:02    07:48:56    08:30 min/km    Platz 723    13:49:21 Uhr

Ziel:          01:06:11    08:55:06    07:27 min/km    Platz 775    14:55:31 Uhr

(7:14.5 min/km, 8.28 km/h)

 

Uhr hat 73.81 km mit 1839 Hm in 8:55:11 gemessen, Schnitt 7:15 min/km.

 

Link zu Garmin:

https://connect.garmin.com/modern/activity/3660259634

 

Link zu Strava:

https://www.strava.com/activities/2377294034

 

 

So keep on dreaming, nothing is impossible!

 

Euer

TOṀ

Zieleinlauf, ich bin ab ca. 35s oben links im Bild und laufe nach vorne, bis ca. 1:03 min.

After Race Party @ Schmiedefeld

Kommentare: 2
  • #2

    Kalle (Freitag, 17 Januar 2020 21:48)

    Hallo Tom,
    bin zufällig über einen facebook-Kommentar und dann über deine Facebookseite auf deinen Blog gekommen. Spannender Artikel. Ich laufe auch - mit Stefans Unterstützung - dieses Jahr das erste Mal den Rennsteig Supermarathon. Bin sehr gespannt!
    Dir alles Gute.
    Kalle

  • #1

    Uwe Anger (Mittwoch, 11 Dezember 2019 00:35)

    Tom Dein ausführlicher Bericht hat mir wirklich sehr gut gefallen. Danke für die Erwähnung und viel Spass beiden weiteren Herausforderungen.

    DorUweIsses