25. Jungfrau Marathon, Interlaken - Kleine Scheidegg, 09.09.2017

Distanz: 42.195 km

Höhenmeter: 1829 Hm hoch, 305 Hm runter

 

 

Hallo zusammen,

 

dieser Bericht handelt von meiner ersten Teilnahme am bereits 25. Jungfrau Marathon.

 

Die Vorbereitung lief wie immer etwas wechselhaft. Ich bekam im Juli eine Erkältung, die mir 3 Wochen Training versaute. Dafür lief der August ziemlich gut. Ich konzentrierte mich auf längere Strecken und baute regelmäßig Höhenmeter ein, wenn auch nicht in dem Maß, wie es sein sollte. Dadurch trainierte ich eigentlich bis 1 Woche vor dem Event in vollem Umfang. Und handelte mir prompt eine kleine Überlastung ein. Diese äußerte sich beginnend am Dienstag durch ein leichtes Ziehen am rechten, äußeren Oberschenkel. Ich hatte ein sehr ähnliches Phänomen am Anfang von unserem Holland-Urlaub, als ich 4 Tage hintereinander auf Sand lief. Mittwoch wurde es etwas stärker. Donnerstag sah ich meinen Start in Gefahr. Also nahm ich Ibuprofen und es wurde sehr schnell besser, mehr wegen des Entzündungshemmers als wegen des Schmerzmittels an sich. Freitag nahm ich die letzte Tablette, ich würde niemals mit Schmerzmitteln im Blut an einem Wettkampf teilnehmen.

 

Ich reiste Freitag Mittag mit dem Zug in Interlaken an. Ich war glücklicherweise über einen Freund von einem Freund an ein Gästezimmer gekommen. Vielen Dank an dieser Stelle an Till und Martin. Ich holte meine Startnummer und aß Pasta. Insgesamt wird für diesen Marathon ein extremer Aufwand betrieben, wie ich finde. Das ganze Areal war schön hergerichtet und riesige Zelte aufgebaut. Es gab eine sehr große Expo und es fanden viele Begleit-Events wie Kinderläufe und ein Pararace statt. Gegen 18 Uhr kam Boris, vom Lass Laufen Podcast, an. Er würde mit mir im Gästezimmer nächtigen, da sein ursprünglicher Plan, mit Florian im Wohnmobil zu übernachten, durch Flo’s Erkältung zunichte gemacht wurde. Wir zogen uns schnell Laufsachen an, um noch etwas die Beine zu lockern. Außerdem wollte ich Gewissheit haben, dass mein Bein 100% in Ordnung war (war es). Nach knappen 2 Kilometern holten wir Boris Startnummer ab und aßen erneut Pasta. Zwischendurch traf ich noch viele Freizeitsportler, die mit einer großen Delegation angereist waren. Diese wohnten aber in einem Hotel in Wengen, so dass wir nicht so viel Zeit miteinander verbrachten.

Abends zurück im Gästezimmer packten Boris und ich unsere Sachen für die Zielankunft wie trockene Wechselklamotten und Duschsachen und wir legten unsere Laufsachen bereit. Das große Thema war der Wetterbericht bzw. das schlecht vorhergesagte Wetter. Im Endeffekt entschieden wir uns für kurze Hosen, ein enges Firstlayer, ein T-Shirt, Lauf- nicht Trailschuhe und einer Regenjacke, die wir aber erst während des Rennens anzogen.  Dies war auch rückblickend betrachtet die richtige Entscheidung.

Ich startete in Block 2, Boris in Block 5, 15 min nach mir. Ich war mir über meine mögliche Zielzeit sehr unsicher, da ich die Höhenmeter nicht gut einschätzen konnte. Auf jeden Fall war mir klar, dass ich in Block 2 zu weit vorne eingeteilt wurde, ein Wechsel nach hinten war aber verboten. So stellte ich mich komplett ans Ende, was gut funktionierte.

Die Strecke macht erst eine Runde durch Interlaken, bevor man einen sehr schönen Blick auf den Brienzersee bekommt. Dann geht es generell flach, aber mit einigen leichten Anstiegen weiter bis Lauterbrunnen. Dieses Tal ist sehr speziell, auf beiden Seiten sind die Felsen fast senkrecht und sehr eindrücklich. Dort hat meine Uhr das GPS-Signal vollkommen falsch interpretiert und 2.3 km zusätzlich gesammelt, die ich nicht gelaufen bin (Strava hat sogar aus dem Marathon 49 km gemacht). Insgesamt sammelt man ca. 250 Hm bei diesen knapp 27 Kilometern. Mein Tempo bis Lauterbrunnen war ca. 5:35 min/km. Ab dort liegt das steilste Stück vor einem. Es geht in unzähligen Serpentinen nach oben. An Laufen war für mich nicht zu denken. So schonte ich beim Wandern meine Kräfte, so gut es eben ging. Ich achtete auf meinen Puls, dass ich nicht hier schon überzog und hatte Respekt vor dem, was noch kommen sollte. Speziell ist, dass dort die offiziellen Kilometerschilder im Abstand von 250 m kommen. Nach den Serpentinen kommen immer wieder flachere oder sogar Flachstücke, wo ich noch gut laufen konnte. Viele Läufer nutzen die Sanitätsposten um sich massieren zu lassen. Das Wetter war wechselhaft, immer wieder liefen wir durch Regen und die Aussicht war leider sehr eingeschränkt. Meine Laune war trotzdem sensationell gut, weil ich merkte, dass alles aufzugehen schien. Ich fand ein gutes Verhältnis zwischen Kräftesparen im Berg und Tempomachen in den Zwischenstücken. Irgendwann passierten wir Wixi, es folgte ein sehr steiler Trail-Abschnitt. Es waren nur noch ca. 4 Kilometer bis zum Ziel. Und auf einmal stand ich im Stau. Durch die Jubiläumsausgabe wurde die Starterzahl auf 5000 Läufer erhöht. Außerdem ist der Weg sehr eng, ein Überholen nur schwer möglich. Dazu kommt, dass der Boden aufgeweicht und rutschig war. Ich machte das Beste draus und regte mich im Gegensatz zu vielen Anderen nicht sonderlich auf. Nach kurzer Wartezeit gingen wir aufgereiht wie an einer Perlenschnur den stufigen, steilen Weg hinauf. Zwischendurch konnte ich immer wieder Läufer überholen. Wir passierten zwei Dudelsackspieler, die an der höchsten Stelle Position bezogen hatten. Von da an ging es wellig, meist bergab ins Ziel. Von dem Höhenprofil wusste ich von diesem Abschnitt.

Und dann kam einer dieser ganz speziellen Momente. Ich war im Vollbesitz meiner Kräfte und rannte bergab. Meine Beine lockerten sich immer mehr und anstatt wie sonst manchmal nur kontrolliert bergab zu laufen, beschleunigte ich. Ich sammelte einen Läufer nach dem anderen ein und gab alles, was ich hatte. Durch die schlechte Sicht wusste ich natürlich nicht, wie weit es noch genau war und machte mir zwischendurch sogar Sorgen, ob ich das Tempo halten konnte. Aber es ging. Völlig am Anschlag überquerte ich die Ziellinie quasi im Sprint, bergab auf rutschigem Untergrund, wohlgemerkt. Im Ziel standen viele Helfer die sich darauf vorbereiteten, mich aufzufangen, aber soweit kam es nicht. Ich stoppte aus eigener Kraft, wurde aber wohl sofort nach meinem Zustand gefragt, offenbar konnte man mir meine Anstrengung ansehen. Aber nach wenigen Sekunden gab ich Entwarnung und war wieder bei Atem.

Im Anschluss bekommt man sofort seine Finisher-Medaille und ein Regencape, welches mir von einer Helferin dankenswerterweise zugemacht wurde. Man drückte mir eine Flasche mit Iso-Drink in die Hand und ich griff nach einem alkoholfreies Bier. Es folgte der unschönste Teil des Laufes. Mittlerweile war mir kalt und meine Hände waren richtig kalt. So schmiss ich mein halbgetrunkenes Bier und die Trinkflasche weg, musste ja auch noch meine Handflasche tragen. Dann bekam man das Finisher-Shirt und eine große Tafel Schokolade. Beides wurde durch den starken Regen sofort nass. Am Bahnhof musste man sich in einer großen Halle seinen Beutel mit Wechselsachen abholen, bevor ich endlich im Duschzelt ankam. Ich war zwar schon bei vielen Laufveranstaltungen aber so was hatte ich wohl noch nicht gesehen. Das Zelt platze aus allen Nähten. Überall waren viel zu viele Leute, an einen Platz auf einer Bank war gar nicht zu denken. Also zog ich mich auf gefühlt einem Din A4 Blatt freier Fläche splitterfasernackt aus und quetschte mich durch die Menge. Memo an mich, die Badelatschen, das Handtuch und das Shampoo gehören nach oben im Beutel... Die Duschen waren zwar sehr überfüllt, aber alle waren geduldig und man wechselte sich kameradschaftlich ab. Das Wasser war so warm, dass es anfangs an den Händen richtig weh tat, weil diese so kalt waren. Das Gefühl danach, nicht mehr zu frieren und trockene Klamotten anzuhaben, war sensationell. Ich genoss die Zeit im warmen Zelt und gab per Handy ein kurzes Lebenszeichen. Zweite Memo an mich: Das Handy bei Regenrennen gehört in eine Plastiktüte, ich scheine großes Glück zu haben, dass dieses noch funktioniert. Mittlerweile scheinen keine Macken übrig geblieben zu sein. Und nun folgte das Allerschlimmste. Man wartet im Regen auf eine Bahn, die einen zurück nach Interlaken bringt. Man kann entweder über Lauterbrunnen oder über Grindelwald fahren, ich entschied mich für Grindelwald. Die Fahrt nach Grindelwald dauert ca. 45 min, die ich gequetscht stand. Zumindest konnte ich mich nett unterhalten. Danach fährt man noch mal gut 35 Minuten bis Interlaken, wo ich endlich sitzen konnte. In der gesamten Zeit hatte ich nichts zu essen oder zu trinken. Auf Toilette musste ich zum Glück nicht, das hätte die Situation noch verschlimmert. Ich verabredete mich mit Boris im Hooters, um Burger zu essen und alkoholfreies Weizen zu trinken. Er kam ca. 30 min nach mir dort an. Nach dem Essen holten wir unsere Sachen aus Till’s Wohnung und sammelten dann noch Milla ein, die wir mitnahmen. Boris fuhr uns beide jeweils nach Hause, war schon sehr angenehm. Vielen Dank Boris für die Rückfahrt und generell die angenehme Zeit. Man merkt immer wieder, Laufen verbindet und man lernt viele Leute kennen, die man sonst wohl nie getroffen hätte.

Milla und Boris hatten beide auch ein gutes Rennen und kamen ohne größere Probleme ins Ziel.

 

Ich möchte noch drei Sachen erwähnen. Zum einen waren die Verpflegungsstände ziemlich gut ausgestattet und endlich mal etwas in die Länge gezogen, so dass es wenig Gedränge gab und man auch Zeit hatte, etwas zu trinken und zu essen und später noch mal etwas anderes zu greifen.

Zweitens waren die Helfer und Zuschauer extrem gut drauf und hilfsbereit. Nicht, dass ich bis jetzt jemals gemeckert hätte, aber irgendwie fiel es mir hier besonders auf. Während des Rennens scherzte ich zu einem Mitläufer, dass ich ja keinen Bock hätte, mit den Zuschauern zu tauschen und im Regen zu stehen. Dann lachte ich weil mir auffiel, dass diese wohl auch nicht tauschen wollten.

Drittens fiel mir auf, dass es doch häufiger bergab ging, als man es anhand des Streckenprofils erwarten konnte.

 

Herzlichen Glückwunsch allen Finishern und nochmals danke an die Veranstalter und allen Helfern!

Und ein riesigen Dank an Till!!

 

 

 

Startnummer: 2067 

 

Overall men: 1697/3565 (47.6 %) 

M35: 243/409 (59.4 %) 

 

Offizielle Zeit: 5:12:31.8

Zeit Sieger:  2:56:20.7 

Rückstand: 02:16:11.1 

 

Interlaken            568 m.ü.M. (00.0 km): 08:35 Uhr

Wilderswil            586 m.ü.M. (10.0 km): 00:54:46.9 (2405/326) - 00:54:46.9 (2405/326) (05:28.7 min/km)

Zweilütschinen     660 m.ü.M. (15.0 km): 01:20:34.3 (2205/311) - 00:25:47.4 (1846/279) (05:09.5 min/km)

Lauterbrunnen      802 m.ü.M. (21.1 km): 01:58:22.5 (2040/294) - 00:37:48.2 (1787/271) (06:11.8 min/km)

Lauterbrunnen      802 m.ü.M. (25.6 km): 02:22:38.6 (2038/296) - 00:24:16.1 (1999/290) (05:23.6 min/km)

Wengen              1274 m.ü.M. (30.2 km): 03:09:33.9 (1939/291) - 00:46:55.3 (1773/254) (10:12.0 min/km)

Wixi                   1855 m.ü.M. (37.9 km): 04:22:50.4 (1814/264) - 01:13:16.5 (1565/221) (09:31.0 min/km)

Kleine Scheidegg 2100 m.ü.M. (42.2 km): 05:12:31.8 (1697/243) - 00:49:41.4 (1406/213) (11:33.3 min/km)

(07:24.4 min/km) 

 

Uhr hat 44.35 km mit 1836 Hm in 5:12:34 gemessen.

 

Link zu Garmin Connect:

https://connect.garmin.com/modern/activity/1967123806

 

Link zu Strava:

https://www.strava.com/activities/1175475572

 

 

So keep on dreaming, nothing is impossible!

 

Euer

TO

Lass Laufen Podcast über Bo's und mein Abenteuer beim Jungfrau Marathon.

Renn-Zusammenfassung mit stationären Kameras, an denen ich vorbei gelaufen bin. Man erkennt beim Zieleinlauf, was ich in meinem Bericht gemeint habe...

Die Strecke auf Google Maps:

Schöner Fernseh-Bericht, ich bin bei 4:33 min kurz im Bild, als ich die Startlinie überlaufe:

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